Diener des Königs - Diener des Staates


In allen geschichtlichen Epochen nahmen Amtsträger im Auftrag des Staates oder des Herrschers Aufgaben wie Verwaltung, Polizei- und Finanzwesen und Rechtsprechung wahr. Heutige Beamte sind dem Staat und dem Gesetz verpflichtet, ein Grundsatz, der zum erstenmal im antiken Griechenland formuliert wurde. In Europa galt er aber erst seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts als Fundament des modernen Beamtentums.
In der Vergangenheit waren Beamte an die Person des Königs oder des Fürsten gebunden. Das gilt für Ägypten und die Reiche des Alten Orient ebenso wie für das europäische Mittelalter. Doch bereits im republikanischen Rom diente der Magistrat offiziell dem Gemeinwesen. Hierarchische Gliederung der Beamtenschaft, Laufbahnen und Besoldungsstufen kennen wir aus dem kaiserzeitlichen Rom und dem normannischen und staufischen Sizilien.
Gegen Ende des Mittelalters wurde in Deutschland mit dem Aufbau der landesherrlichen Verwaltungen begonnen, in denen in der Folgezeit die Fürstendiener arbeiteten. Aus diesem Stand entwickelt sich nach der Französischen Revolution der "moderne" Beamte, der sich allerdings zu Beginn unseres Jahrhunderts mit der Fortschrittlichkeit recht schwer tat. Die Beamten der Gründerzeit und der Weimarer Republik galten zu Recht als Hüter konservativer Ansichten. Leider machten deutsche Beamte auch im Nationalsozialismus in punkto Staatstreue und bedingungslosem Gehorsam keine Ausnahme.

Grundsätze des Beamtentums
Amtsträger im Alten Ägypten
Griechische Abstraktion
Magistrate im Alten Rom
Königsboten und Dienstmänner
Fürstendiener
Diener des Staates
Beamte im 20. Jahrhundert






Grundsätze des Beamtentums

Zum Anfang

Jeder Staat besitzt Hoheitsrechte, die seine Existenz begründen. Rechtsprechung, Polizeigewalt, Finanz- und Wehrhoheit sind solche Rechte, die, wie etwa das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vorschreibt, von bestimmten Personen wahrzunehmen sind.

"... in der Regel Angehörige des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Das Recht des Öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln."

Diese Grundsätze verlangen, daß ein Beamter sein Amt unparteiisch, gerecht und zum Wohl der Allgemeinheit wahrnimmt. Er ist dem Staat zur Treue verpflichtet, der im Gegenzug Fürsorge leistet.
Der moderne Beamte ist Recht und Gesetz gegenüber verpflichtet, sein Dienstherr ist der Staat. Diese Auffassung hat sich in Europa erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts herausgebildet. Bis dahin war der Inhaber öffentlicher Ämter an Personen gebunden, den fürstlichen Landesherrn oder den König. Dies gilt für die europäischen Staaten des 18. Jahrhunderts ebenso wie für das Mittelalter oder die Reiche des Alten Orients.
Der Münchner Soziologe Max Weber hat zwischen bürokratischem und patrimonialem Beamtentum unterschieden. Bürokratische Beamte, so schreibt er, sind an den Staat gebunden und besitzen festumrissene Kompetenzen. Ein patrimoniales Beamtentum ist dem Herrscher verpflichtet und mehr als die Bindung an abstrakte Gesetze zählen Nähe und Vertrautheit zum König.
Allen Epochen gemeinsam ist die hierarchische Ordnung der Amtsträger.


Amtsträger im Alten Ägypten

Zum Anfang
So wies das Alte Ägypten eine besonders feingegliederte Beamtenschaft auf, deren Verhaltenskodex durch zahlreiche Lebenslehren festgelegt war.
Um 2400 v. C. empfahl der hohe Beamte Ptahhotep:

"Krümme deinen Rücken vor deinem Oberen, deinem Vorgesetzten von der Verwaltung des Königs. Dann wird dein Haus wohbestellt bleiben und deine Bezahlung richtig sein. Es ist übel, wenn man dem Vorgesetzten widerstrebt, denn man lebt, solange er milde ist."

Dem Beamtenstatus wurde durchaus eine soziale Verpflichtung beigemessen.

"Wenn du ein Mann in führender Stellung bist und den Leuten Anweisungen erteilst, so strebe nach jeder Trefflichkeit, bis daß dein Verhalten fehlerfrei ist. Bist du einer, der einen hohen Rang innehat, so sei geduldig wenn du die Rede eines Bittstellers hörst. Weise ihn nicht ab, ehe er sein Herz ausgeschüttet und gesagt hat, weswegen er gekommen ist."

Befolgte man diese Regeln, so durfte man am Ende seines Lebens zufrieden Bilanz ziehen.

"Ich war meinen Untergebenen wie ein Vater, ließ ihre Kinder unterrichten, reichte dem Unglücklichen meine Hand und sicherte die Existenz derer, die in Bedürftigkeit lebten."

Die Verwaltung anderer Reiche des alten Orients war in der Regel ebenso auf die Person des Königs zugeschnitten wie in Ägypten.

Griechische Abstraktion

Zum Anfang
Die Bedeutung der Gesetze als zentraler Regelmechanismus in der Staatsorganisation haben zuerst die Griechen formuliert. Die Idee des Gesetzes, das von Bürgern geschaffen wird und sozialen Zielen zu dienen hat, siegt im Lauf der griechischen Geistesgeschichte über die Vorstellung einer von den Göttern gestifteten Lebensordnung und der absoluten Weisungsgewalt eines Gottkönigs. In den griechischen Staaten hatte das patrimoniale Beamtentum Max Webers keinen Platz mehr.
So formulierte Aristoteles:

"Denn wo das Gesetz nicht herrscht, besteht auch keine Verfassung. Denn das Gesetz muß über alles herrschen, Einzelfälle aber müssen die Beamten gemäß der Verfassung entscheiden."

Beamte sind damit in erster Linie dem Gesetz verpflichtet. Dadurch können sie in Zeiten politischer Unsicherheit als Regulativ wirken.
Als der spartanische Gesetzgeber Lykurg einen Ältestenrat einrichtete, sorgte dieser Rat der Geronten für Ausgleich zwischen den Mächten im Staat. Das berichtet Plutarch in seiner Biographie des Lykurg:

"Denn der Staat, ungewiß schwankend und bald zu den Königen nach der Tyrannis hin, bald zur Menge nach der Massenherrschaft sich neigend, empfing in der Macht der Geronten einen festen Anker. Er kam so ins Gleichgewicht und gewann die sicherste Ruhe und Stetigkeit, indem immer die achtundzwanzig Ältesten sich zu dem König schlugen, um der Massenherrschaft entgegenzuwirken, und hinwiederum, damit keine Tyrannis entstünde, das Volk stärkten."

Magistrate im Alten Rom

Zum Anfang
Im Römischen Staat oblag die öffentliche Verwaltung staatlichen Beamten. Die Grundsätze, nach denen Amtsträger der Römischen Republik handelten, unterschieden sich sehr, je nachdem sie römische Staatsbürger oder Bewohner eroberter Provinzen betrafen. Römer wurden im Sinn des patronalen Gedankens behandelt, der seit jeher die Beziehungen zwischen der regierenden Nobilität und dem Volk beherrschte. Dies bedeutete vor allem Fürsorgepflicht, der allerdings oft nur auf Druck nachgekommen wurde. Provinzbewohner dagegen wurden lediglich als Untertanen angesehen, die Ruhe und Ordnung bewahren, Steuern zahlen und Abgaben leisten sollten.
Die herrschenden Aristokraten aber wollten in erster Linie ihre Standesprivilegien wahren, deshalb konnten sie die Zahl ihrer Amtsträger nicht so vermehren, wie es angesichts des wachsenden Reichs notwendig gewesen wäre. Zu groß wäre die Gefahr des Machtverlusts. Der Staatsmann Cicero schrieb im 1. Jahrhundert v. Chr.:

"Welches ist nun das Ziel dieser Staatslenker, das sie im Auge haben und nach dem sie ihren Kurs ausrichten müssen? Das, was das Beste und Wünschenswerte für alle vernünftigen, guten und wohlsituierten Bürger ist: Ruhe bei Wahrung des Ansehens. Grundlagen und Organe dieser Vereinigung von Ruhe und Ehre, die von den führenden Politikern geschützt und sogar unter Lebensgefahr verteidigt werden müssen, sind diese: die religiösen Einrichtungen, die Auspizien, die Machtbefugnis der Beamten, die Autorität des Senats, Gesetz und Herkommen, Rechtsprechung und Gesetzgebung, Treu und Glauben, Provinzen und Bundesgenossen, das Ansehen der Militärgewalt, Krieg- und Finanzwesen."

Erst in der Kaiserzeit wurden die strukturellen Hindernisse für den Aufbau einer breiten Reichsverwaltung beseitigt. Staatlich besoldetete Verwaltungsbeamte waren dem Kaiser persönlich verpflichtet und arbeiteten nun für alle Reichsbewohner gleichermaßen. Fein durchgegliederte Abstufungen ermöglichten eine regelrechte Laufbahn im Öffentlichen Dienst.
Selbst in der späten Kaiserzeit, als das Imperium wegen schweren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen dahinsiechte, empfand man es als Vorzug, Beamter zu sein. Direkt vom Kaiser ausgewählt, mit Privilegien ausgestattet, hüteten die Beamten ihre Pfründe. Es entwickelte sich faktisch eine geschlossene Kaste.
Ihre Tätigkeit wurde allerdings reichsweit als bedrückend und ausbeuterisch empfunden. Der Kirchenschriftsteller Lactantius berichtete von den traurigen Verhältnissen unter Kaiser Diokletian:

"Statthalter zusammen mit zahlreichen Unterbeamten übten den Druck ihrer Herrschaft aus über jedes Gebiet und fast schon über jede Stadt. Dazu kamen noch eine Menge von Schatzmeistern, Verwaltungsbeamten, Unterbefehlshabern, und bei all diesen gab es gar selten Verhandlungen in bürgerlichen Rechtssachen, sondern nur Verurteilungen und Gütereinziehungen."

Bei dieser Machtstellung des gut organisierten Beamtenapparats verwundert es nicht, daß die Korruption zunahm und die Effektivität zurückging. Vergebens versuchte man, diesen Mißständen durch ein weitverzweigtes Spionagesystem und gegenseitige Kontrolle der Beamten beizukommen.
Als in der Endphase des Römischen Reichs mehr und mehr Germanen unter den Beamten zu finden waren, erzeugte dies heftige Abneigung. Synesios, ein Neuplatoniker, hielt im Jahr 399 vor dem oströmischen Kaiser Arcadius in Konstaninopel eine Rede, die geradezu rassistische Elemente aufweist:

"Die Germanen sollen also zuerst aus allen Ämtern verdrängt und von der Senatorenwürde ausgeschlossen werden, sie, denen als Schande gilt, was den Römern von alters her am, ehrwürdigsten schien und war. Ich glaube, daß sich die Götter ihre Häupter verhüllen, wenn ein Kerl mit dem Pelzrock Leute anführt, die einen ordentlichen Mantel tragen, und wenn einer das Fellkleid, das er umhängen hat, auszieht, die Toga umwirft und mit römischen Beamten die vorliegenden Fragen berät. ... Doch kaum kommen sie aus dem Senat, stecken sie wieder in ihren Fellkleidern, und wenn sie zu ihren Dienern kommen, spotten sie über die Toga, in der sich das Schwert nicht gut führen ließe."

Königsboten und Dienstmänner

Zum Anfang
Wie in der Spätantike waren auch die Amtsträger in den frühmittelalterlichen Reichen vollständig der Person Königs verpflichtet. Vom Karolingerreich kennen wir sowohl die Verwaltungsstruktur des Reichs, als auch die Vorgehensweise bei der Auswahl der königlichen Beamten.
Seit Karl dem Großen durcheilten Königsboten die Lande, die als Stellvertreter und Vertrauensmänner des Königs die gesamte Verwaltung, das Militärwesen und die Rechtspflege kontrollierten.
Der Erzbischof Hinkmar von Reims erzählte von zwei Verwaltungskörpern, die alle Geschäfte im Reich regelten.

"Der erste Verwaltungskörper nun, die königliche Pfalz, war zum Besten der Gesamtverwaltung so gegliedert, daß über allem und jedem der Herrscher mit seiner Gemahlin und seiner hochedlen Nachkommenschaft stand und Beamte sich der geistlichen, weltlichen und materiellen Bedürfnisse anzunehmen hatten..."

Die Wurzeln der kirchlichen Ämter reichten ins Römische Reich zurück und zwar ...

"... zu der Zeit, als Kaiser Konstantin Christ wurde. ...Der Kaplan oder Kustos der Pfalz hatte die Leitung über den gesamten Hofklerus. Ihm war der Erzkanzler beigegeben. Unter diesem standen kluge, verständige und zuverlässige Männer, die frei von Bestechlichkeit und Habsucht die königlichen Erlasse aufzeichneten und sie für ihre Vorgesetzten in aller Treue verwahrten. Dem zweiten Verwaltungskörper oblag die Leitung des Reiches."

Auch der Dienstweg der Amtsträger war festgelegt, berichtete Hinkmar von Reims.

"Denn war auch jeder der Beamten in seinem Wirkungskreis selbstständig und je nach Art seiner Obliegenheiten dem König, der Königin, oder den erlauchten Nachkommen des Königs verantwortlich, so wandte sich doch keiner in Angelegenheiten von Dingen und Personen, die nicht zu seinem Amtsbereich gehörten, direkt an den König; jeder gab sich vielmehr mit seinen Aufgaben zufrieden, und ersuchte, wenn nötig einen anderen um seinen Beistand."

Die Angehörigen der Hofkapelle nahmen auch im Hohen Mittelalter Aufgaben der zentralen Reichsverwaltung wahr. Schon seit dem 11. Jahrhundert hatten sich freie und unfreie Dienstleute zum Stand der Ministerialen zusammengeschlossen, die unter den Staufern in führende Positionen aufstiegen.
Nach der Devise "Dienstmann ist nicht eigen!" streiften die Ministerialen ihre Unfreiheit ab, und wir finden sie in den Rechtsspiegeln des 13. Jahrhunderts in die Lehenspyramide als niederer Adel eingeordnet.

Von allen mittelalterlichen Staaten hat das staufische Sizilien Friedrichs II. den größten Wert auf ein straff organisiertes, weltliches Beamtentum gelegt. Friedrich II. hatte ein Land geerbt, in dem die Normannen einen fast "modern" zu nennenden Staat mit Verwaltungsapparat, Berufsbeamtentum und einer Behördenverfassung geschaffen hatten. Die normannische Verwaltung hatte sich ihrerseits aus der arabischen Domänen- und Finanzverwaltung entwickelt, war allerdings auch beeinflußt von der byzantinischen Wirtschaftsorganisation Kalabriens. Normannisches und römisches Recht bildeten denn auch die Grundlage für die Reorganisation Siziliens.

Kernstück der 1231 erlassenen "Konstitutionen von Melfi" ist die Neuordnung des Beamtentums. Zum ersten Mal im Mittelalter wurde ein Staat auf ein ausschließlich weltliches, straff organisiertes Beamtentum gestützt. Die Beamten waren zu bedingungslosem Gehorsam verpflichtet, wurden jährlich neu gewählt, gut besoldet, aber genauestens kontrolliert. Bis ins Detail wollte Friedrich II. über seine Beamten informiert sein. Das funktionierte so gut, daß der Papst dem Kaiser vorwarf: "In deinem Reich wagt niemand, ohne deinen Befehl die Hand oder den Fuß zu bewegen." So gut es ging, überwachte Friedrich jeden einzelnen Beamten. So mißbilligte er in einem Brief an seinen Justitiar die Wahl eines Richters:

"Ein ungeheures Gerücht kam jüngst Unserer Erhabenheit zu Ohren ... : daß nämlich Unser letztes Edikt über die Wahl der jährlichen Richter nichts gefruchtet hat in unserer Stadt Salerno, wo du die Wahl des Matheus Curialis zum Richter zuließest, der ein ungebildeter Kaufmann ist und zum Richter vollkommen untauglich ... und dies, obwohl unter der Bevölkerung einer solchen Stadt, die hauptsächlich Gebildete hervorzubringen pflegt, bestimmt ein anderer, gebildeter Mann zu finden gewesen wäre, das Richteramt auszuüben. Dies mißfällt Unserer Erhabenheit umso mehr, das magst du wissen, weil daraus einmal der Stadt selbst Schaden erwachsen kann, ferner aber, weil demnach Unser Befehl nicht beachtet worden ist, wie es sich gehörte."

Zur Ausbildung der Beamten wurde 1224 eigens die Universität Neapel gegründet. Unterricht erhielten die Beamtenanwärter selbstverständlich nicht von freien Lehrern, sondern von königlichen Beamten. Studium und Lehre wurden streng reglementiert und überwacht. Damit wurde das päpstliche Ausbildungsmonopol durchbrochen.

Im Spätmittelalter ging die Macht des deutschen Königs zurück. Die Fürsten wurden zu den wichtigsten Entscheidungsträgern. Die königliche Verwaltung versank in Bedeutungslosigkeit. Damit rückten die Beamten der großen Fürsten in den Vordergrund. Sie wurden zu den bestimmenden Organen der Exekutive. Selbst starke Könige wie etwa der Habsburger Karl V. konnten die Macht der deutschen Fürsten nicht beeinträchtigen.
Die Wurzeln dieses Umstands reichen zurück bis ins Hohe Mittelalter. 1194 war Kaiser Heinrich VI., der Vater Friedrichs II., mit dem Plan gescheitert, die deutsche Königskrone erblich zu machen. Dies hätte eine starke Zentralgewalt ermöglicht und die Macht der Fürsten in Schranken gehalten. So aber versank Deutschland in Kleinstaaterei.

Fürstendiener

Zum Anfang
Im späten Mittelalter wurde überall mit dem Aufbau landesherrlicher Verwaltungen begonnen. Man bemühte sich, die Verwaltungen der Höfe und der Länder voneinander zu trennen und davon wieder die Gerichtsbarkeit zu unterscheiden. An den neugegründeten Universitäten in den Reichsterritorien begann man nach dem Vorbild von Neapel Untertanen zu Beratern und zu Beamten der Fürsten auszubilden. Nach Beendigung ihres Studiums bezogen sie feste Einkünfte und können von nun an mit Fug und Recht als Beamte in modernem Sinn bezeichnet werden. In den sozialen Auseinandersetzungen der frühen Neuzeit standen die Beamten der Fürsten stets treu zu ihren Herren. Immer häufiger hörte man den Begriff Fürstendiener.

Im Zeitalter des Absolutismus war deren Macht ungeheuer angewachsen. Dies wirkte sich nicht selten zum Schaden aller aus. In seinem politischen Testament geißelte Kardinal Richelieu zur Zeit König Ludwigs XIII. die Zustände unter den Finanzbeamten Frankreichs.

"Die Finanzbeamten und Finanzpächter sind eine getrennte Klasse und ein Übel, indessen ein notwendiges, für den Staat ...
Die Ausschreitungen und Wirrnisse, die sich bei ihnen eingeschlichen, haben einen solchen Grad erreicht, daß sie nicht mehr zu ertragen sind. Ihre Macht kann nicht noch mehr anwachsen, ohne daß sie den Staat und sich selbst zugrunde richten, indem sie Gelegenheit bieten, daß man sich ihrer Güter auf Grund der einfachen Kenntnis über die ungeheuren und in kurzer Zeit aufgehäuften Reichtümer und auf Grund des Unterschiedes bemächtige, der sich zwischen ihrem Besitz bei Amtsantritt und dem, der ihnen nunmehr nachgewiesen, bekundet. Nach langem Nachdenken über alle Heilmittel von den Übeln, deren Ursache sie sind, wage ich zu behaupten, daß es kein besseres hierfür gibt, als sie auf eine möglichst geringe Anzahl zu beschränken ... und nur gewisse notwendige Beamte, wie einen königlichen Schatzmeister, einen Generaleinnehmer, zwei oder drei Schatzmeister von Frankreich in jedem Steuerbezirk und ebenso viele Steuereinnehmer in den lokalen Bezirken, ohne die man nicht auskommt, bestehen zu lassen."


Auch jeder deutsche Fürst im Zeitalter des Absolutismus forderte fähige Beamte, die nicht nach eigener Bereicherung strebten.
Der Begriff "Beamter" tauchte seit Beginn des 18. Jahhunderts immer häufiger auf; er wurde meist synonym für Amtmann verwendet, worunter man einen Leiter landesherrlicher Ämter verstand. Das Beamtentum sah man als Hüter des Rechtsfriedens und als Förderer des allgemeinen Wohlstands.
Carl Friedrich von Moser, ein ein Beamter an verschiedenen Höfen des 18. Jahrhunderts hat sich in seinen Schriften ausführlich mit seinem Stand beschäftigt. Für ihn kennzeichnete die kluge Auswahl seiner Diener den fähigen Fürsten.

"Das alte Sprüchwort, wie der Herr so ist auch der Knecht, kann nicht wahrhafter seyn, als es wirklich ist. Der Unterschied guter und böser Regenten veroffenbaret sich ... in denjenigen Personen, welche sie zur Führung ihres schweren Amtes gebrauchen. Ein tugendhafter Fürst, oder tugendhafte Minister habe eine rechte Zauberkraft, dem Staat eine blühende Glückseligkeit zu geben. Ein böser Regent und böse Minister machen im Gegenteil den Staat zu einem Siz der Ungerechtigkeit und des Lasters. ... Nächst dem Herrn kommt alles darauf an: was er für Diener hat. Vergebens sind die herrlichsten Gesetze, vergebens sind die besten Gesinnungen eines Herrn, wann die Minister, Räthe und Diener nichts taugen."

Schlechte Beamte sind auch für das Volk verderblich.

"Diese Gattung Menschen sind es, die das Volk drücken, schinden, aussaugen, laquayenmäßig behandeln und als Sclaven beherrschen."

Dem Verhältnis zwischen dem Beamten und der Obrigkeit widmet Carl Friedrich von Moser kritische Überlegungen.

"Ich hatte mich als einen Diener meines Fürsten, noch weit mehr und eigentlicher als seines Landes gehalten, das er in der von mir bekleideten ersten Stelle meiner Hirten-Treue und Sorgfalt anvertraut hatte. Hirte war ich also, aber nicht Herr seiner Herde."

Die Auffassung vom Beamten als Staatsdiener bahnt sich hier schon an. Die Obrigkeit soll der Motor des Fortschritts sein, demnach ist Vertrauen auf deren weise Ratschlüsse wesentlich, ...

"... denn wenn es allgemeiner gang und gäber Glauben würde, daß man unter dem Schein der Wahrheit und Freiheit alles a priori untersuchen dürfe und müßte, so ist kein König auf seinem Thron, kein ehrlicher Mann in seinem Bett mehr sicher."

Trotz aller Freiheit bedarf der Mensch der Führung und die Aufklärung ist verwerflich, ...

"... die dem Menschen das nimmt, was er zum Trost, Licht, Stab und Ruhe in dem jetzigen Erziehungsstand dieses Erden-Lebens braucht, oder die ihm mehr geben will, als er nach seinen Geistes- und Verstandes-Kräften zu gebrauchen vermag."

Freilich stand es nicht zum Besten mit den Beamten des 18. Jahrhunderts! Ohne Zweifel war es vor hundert Jahren viel besser, meint Carl Friedrich von Moser.

"Sieht man viele von unseren Ministers, Präsidenten und Vice-Präsidenten an, sie können tanzen, reuten, fechten, spielen, sie verstehen die Music und die schönen Wissenschaften, die Moden von beeden Geschlechtern, sie urtheilen kunstrichterlich über das Verdienst einer Opera, sie sind Kenner von Juwelen, und allen andern Galanterien, sie wissen eine Kutsch allein zu regieren, und eine Tafel anzuordnen und tausend andere Artigkeiten, sie sprechen Französich, Englisch und Italiänisch, sie schreiben einen unvergleichlichen Brief, und wer weiß, was sie noch mehr können... Das konnten freylich die Canzlers mit den sammetnen Cäppgen, die Räthe und Gesandte beym Westphälischen Frieden nicht. ... Wann man sie aber zu sprechen hatte, so suchte man Ihro Excellenz nicht beym Spieltisch und in der Comödie, sondern am Dinten-Faß und in der Raths- oder Studier-Stube, sie mochten schlechte Reuter und noch schlechtere Kutscher seyn, sie arbeiteten sich aber in den Acten desto müder und waren nicht zu commod, sie selbst zu lesen, ohne sich mit den bloßen Referendariats-Extracten zu behelfen, ihre belles-lettres waren die Reichs-Geseze, die Lands- und Familien-Verträge, die wußten, die verstunden, die repectirten sie."

Diener des Staates

Zum Anfang
Im 19. Jahrhundert veränderten sich unter dem Einfluß der Ideen der Französischen Revolution und der napoleonischen Fremdherrschaft die politischen Strukturen. Nicht mehr der Fürst verkörperte den Staat und der Zweck des Staats bestand nicht mehr darin, den Fürsten zu unterhalten. Als oberste Instanz galt nun den Staat an sich; er existierte, um die Wohlfahrt und Sicherheit seiner Bürger zu garantieren. Der Regent war zum Staatsoberhaupt geworden.
Auf dieser Anschauung fußte das "Preußische Allgemeine Landrecht" von 1794, in dem zum ersten Mal die Dienstverhältnisse von Beamten geregelt wurden. Bayern folgte 1805 mit der "Hauptdienstpragmatik über die Dienstverhältnisse der Staatsdiener", in der die gesetzlich gesicherte Unabsetzbarkeit und das lebenslange Einkommen verankert wurden. Diese materielle Sicherheit beeindruckte damals wie heute viele Menschen, oft mehr als alles andere, schrieb der Dichter Theodor Fontane an seine Frau:

"Die Kinder in der Schule lernen meine Gedichte..., in der Literaturgeschichte von Heinrich Kurz habe ich mein Kapitel: aber wenn ich heute noch Bote beim Kammergericht würde, mit 30 Taler Fixum Monatsgehalt und 10 Taler zu Weihnachten, so würde man sagen, nun, er ist jetzt in königlichem Dienst, er hat ein Fixum, er kann sich Bewegung machen und seiner Frau eine jährliche Pension von 40 Talern hinterlassen."

Die Besoldung des Beamten sah man nicht als Leistungsentgelt an, sondern als Unterhalt. Man besoldete den Inhaber einer bestimmten Rangstufe, und das in der Höhe, die für eine standesgemäße Lebensführung angemessen war. Hinzu kamen Teuerungszuschläge, Gehaltsfortzahlung bei Urlaub oder Krankheit, alles Dinge, für Beamte im 19. Jahhundert glühend beneidet wurden. Das Wort vom "Sicheren Brot" machte die Runde.

Der Status der Berufsbeamten festigte sich. Die Beamten galten als "Hüter der Rechtssubstanz", denn sie waren in erster Linie an das Gesetz gebunden. Trotz ihrer persönlichen Bindung an den Monarchen waren sie so seinem direkten Zugriff entzogen. Es bildete sich ein gewisser Spielraum für eigenverantwortliches Handeln.

Beamte im 20. Jahrhundert

Zum Anfang
Dennoch: Hatten sich Beamte zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch vielerorts für konstitutionelle Reformen stark gemacht, so galt der ganze Stand um die Wende zum 20. Jahrhundert als konservativ. Die Tätigkeiten der Interessensverbände zielten vor allem darauf, wirtschaftliche und soziale Belange durchzusetzen. Dabei orientierte man sich an den Organisationen der Arbeiter. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Deutsche Beamtenbund gegründet.
Vordemokratische Autoritätsmuster und antiliberale Traditionen kennzeichneten diese Organisation. Die Gewerkschaften der Arbeiter nahm man sich zwar zum Vorbild für die neue berufsständische Vertretung, sah aber allzu oft dünkelhaft auf sie herab und stellte Einkommensvergleiche an. In einer Schrift des DBB lesen wir:

"Es ist nicht unbedenklich, das Verhältnis der Beamten gegenüber der Regierung auf das des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber herabzuddrücken. Der Beamte ist mehr als Lohnempfänger. Jeder, auch der kleinste, ist Träger der Staatsautorität an seinem Teile."

Mit der Weimarer Republik kamen die deutschen Beamten schlecht zurecht. Noch am 18. Oktober 1918 beschwor der DBB seine Loyalität zu Kaiser und Reich mit Durchhalteparolen:

"Aber durch Eid und Pflicht auf Lebenszeit mit dem Staatswesen besonders innig verbunden, wird der Beamtenstand am wenigsten in dieser Stunde versagen."

Der Beamtenstand verwahre sich dagegen, ...

"... die aus den ältesten Zeiten uns überkommene Monarchie, vor allem das Kaisertum, unter dessen Schutz Deutschland seit 50 Jahren mächtig gekräftigt ist, in den Staub zu werfen."

Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs rief Reichspräsident Ebert die deutschen Beamten zu Kooperation auf:

"Die neue Regierung hat die Führung der Geschäfte übernommen, um das deutsche Volk vor Bürgerkrieg und Hungersnot zu bewahren und seine berechtigten Forderungen auf Selbstbestimmung durchzusetzen. Diese Aufgabe kann sie nur erfüllen, wenn alle Behörden und Beamten in Stadt und Land ihr hilfreiche Hand leisten."

Die preußische Landesregierung sicherte der Beamtenschaft zu, daß ihre gesetzlichen Ansprüche gewahrt bleiben sollten. Das überzeugte den DBB.

"Die deutsche Beamtenschaft in all ihren Gliedern stellt sich der jetzigen Regierung in Reich und Staat im Dienst des Gemeinwohls zur Verfügung."

Der DBB und seine Mitglieder weinten der ungeliebten Weimarer Republik sicher keine Träne nach. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten und vor allem deren Säuberungsaktionen riefen dennoch ...

"... eine Welle der Beunruhigung auch innerhalb der Beamtenschaft hervor. Wir betonen dabei noch einmal ausdrücklich, daß wir jeder Regierung das Recht zugestehen, nach ihrem Amtsantritt in der Besetzung der politischen Beamtenposten Veränderungen vorzunehmen. Es kommt jedoch darauf an, daß unter keinen Umständen der Charakter des öffentlich-rechtlichen Berufsbeamtentums durchbrochen werden darf."

Dies stand in einer Verlautbarung des DBB vom 21. Februar 1933. Bis zum 14. März hatte sich die Haltung der Beamten zum neuen Staat allerdings schon sehr verändert. Dann hörte man auf einer Kundgebung:

"Nach den Worten des Herrn Reichspräsidenten von Hindenburg und des Herrn Reichskanzlers Hitler soll sich die ruhmreiche Vergangenheit des Deutschen Reiches mit der kraftvollen Wiedergeburt der Deutschen Nation verbinden. Wie das Berufsbeamtentum in der Vergangenheit an Deutschlands Größe uneigennützig mitgearbeitet hat, so will es auch an dem Wiederaufstieg der Nation tätigen Anteil haben. Es kann für den deutschen Berufsbeamten nichts anderes geben, als daß er sich willig und mit voller Hingabe zur Verfügung stellt und die Regierung durch treue Pflichterfüllung unterstützt."

Bereits am 7. April 1933 erließen die neuen Machthaber das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums". Die Beamten wurden auf die Person Adolf Hitlers festgelegt und Juden sowie sonstige politisch oder "rassisch" mißliebige Personen aus dem Staatsdienst entfernt.
Während des "Tausendjährigen Reichs" sehen wir den Beamtenstand als zuverlässige Stütze des Unrechtstaats. Viele Beamte diskreditierten sich als willfährige Helfer des Systems, andere hielten einfach still und verschlossen Augen und Ohren.
Nach dem Zusammenbruch des Hitlerreichs organisierten die Alliierten die Entnazifizierung. Schon bei der Potsdamer Konferenz im Jahr 1945, bei der die Siegermächte über das künftige Schicksal Deutschland verhandelten, war festgelegt worden:

"Alle Mitglieder der nazistischen Partei, welche mehr als nominell an ihrer Tätigkeit teilgenommen haben und alle anderen Personen, die den alliierten Zielen feindlich gegenüberstehen, sind aus öffentlichen oder halböffentlichen Ämtern zu entfernen."

In den Nürnberger Prozessen wurden die Hauptkriegsverbrecher verurteilt. Im Verlauf der Entnazifizierung teilte man die Bevölkerung in fünf Belastungsgrade ein. Ein Großteil der Beamten fiel in die Kategorie "Belastet". Die unteren Kategorien, der Entlasteten, der Mitläufer und der Minderbelasteten wurden entnazifiziert. Als man sich der Gruppe der Belasteten zuwenden wollte, wurde die Entnazifizierung abgebrochen. Das internationale politische Klima hatte sich geändert, der Kalte Krieg begann. Viele als belastet eingestufe Beamte wurden in ihren Positionen belassen, denn sie wurden gebraucht.

Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit wurde so vom Kalten Krieg unterbrochen. Sie setzte Ende der 60er und in den 70er Jahren wieder ein. Der Abbau autoritärer Strukturen infolge der 68er Bewegung betraf die gesamte Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland, auch ihre Beamten. Kritiklose Obrigkeitshörigkeit verschwand. Walter Scheel schrieb:

"Solange man im obrigkeitlichen Denken befangen ist, kann man die Fehler im System des Obrigkeitsstaates nicht bemerken. Immer wieder wird man die vom Obrigkeitsstaat selbst verursachten Krisen auf meist als bösartig gedachte Einflüsse von außen zurückführen, statt die Fehler im System selbst zu suchen."

Auch heute besitzt der Beamte einen Sonderstatus innerhalb der Gesellschaft. Besondere Verpflichtung dem Staat gegenüber wird gefordert. Seine künftige Rolle wird aus dem Spannungsfeld zwischen dem früheren "Dienen" und dem zeitgemäßeren kritischen Dialog erwachsen.