Marcus Porcius Cato Censorius

"Im Übrigen bin ich der Meinung, daß Karthago zerstört werden muß!"
Dieser oft wiederholte Satz Catos des Älteren ist wohl die bekannteste Äußerung des konservativen römischen Politikers.
Cato war der unbequemste Staatsmann, den das republikanische Rom je hervorgebracht hat. Er lebte in einer Zeit, da Rom zur Weltmacht aufstieg und fremde, insbesondere griechische Einflüsse die römische Gesellschaft stark veränderten. Es war Cato, der ein halbes Jahrhundert lang mit Temperament und gewaltiger Rhetorik dafür kämpfte, daß die alten, urrömischen Tugenden nicht von Luxus, Leichtlebigkeit und Sittenlosigkeit weggeschwemmt würden. Die "Sitten der Väter", jener Wertekodex der Altvorderen, umfaßte Einstellungen wie asketische Lebensweise, Frömmigkeit, Ernst, Mut und militärische Tapferkeit. Streng wachte Cato insbesondere während seiner Amtzeit als Censor über die Einhaltung der althergebrachten gesellschaftlichen Regeln. Es kümmerte ihn nicht, ob er dabei jemandem zu nahe trat, furchtlos hielt er jedermann seine Verfehlungen vor und strafte empfindlich. Er pries den "Geist des römischen Volkes" und setzte der Überlegenheit des griechischen Schrifttum seine eigenen Werke gegenüber. Sein ganzes Streben galt Rom, seiner Größe und seiner Eigenart, die er unter allen Umständen gewahrt wissen wollte.

Catos Epoche
Der homo novus
Cato und Scipio
Sieg bei den Thermopylen
Die Censur
Gegen den Luxus
Der Geschäftsmann
Ceterum censeo ...
Cato und die Frauen
Cato, der Schriftsteller
Cato und die Griechen
Cato, der Familienmensch
Patrizischer Römer mit Ahnenbildnissen

"Nie war ein Staatswesen größer, den Göttern enger verbunden, reicher an guten Beispielen; in keine andere Gesellschaft sind Besitzstreben und Wohlleben so spät eingedrungen; nirgendwo sonst standen Einfachheit und Sparsamkeit so lange und so hoch in Ehren. Je weniger Güter es gab, desto weniger Begehrlichkeit gab es; in neuerer Zeit aber brachte der Reichtum die Raffgier, und übermäßige Genußsucht brachte die Lust, in Saus und Braus zugrunde zu gehen und alles ins Verderben zu ziehen."

Als der Geschichtsschreiber Livius so die Entwicklung der römischen Gesellschaft zusammenfaßte, war Marcus Porcius Cato der Ältere schon rund 150 Jahre tot. Er hätte jedem einzelnen Wort zugestimmt. Kein Politiker der römischen Republik hat die Einfachheit des frühen Rom mehr gepriesen, niemand hat den Niedergang der alten Werte heftiger gegeißelt als er.

Catos Epoche

Zu Lebzeiten Catos, im 2. Jahrhundert v. Chr., veränderte sich der republikanische Staat wie nie zuvor in der römischen Geschichte. Die Römer hatten im Zweiten Punischen Krieg über die Handelsmacht Karthago gesiegt und beherrschten den westlichen Mittelmeerraum. Danach wurde zwischen 202 und 146 vor Chr. auch im Osten ein Staat nach dem anderen unterworfen. In nur 100 Jahren dehnte sich der römische Staat zum Weltreich auf. Unermeßlicher Reichtum aus den eroberten Provinzen floß nach Rom. Heerscharen neuer Sklaven veränderten das Wirtschaftsleben und fremde kulturelle Einflüsse wandelten die römische Gesellschaft. Vor allem die Kultur der Griechen hielt ihren triumphalen Einzug in die römische Oberschicht. Griechische Sprache, Literatur, Kunst und Philosophie wurden begeistert aufgenommen, Bildung, Weltoffenheit und Fortschrittlichkeit zum Ideal erklärt. Doch nicht alle Römer sahen diese Entwicklung gern. Eine Gegenströmung bildete sich. Männer, die für die altrömischen Werte eintraten, priesen Pflichtbewußtsein, Strenge, einfache Lebensführung und Frömmigkeit. Ihr Wortführer war Marcus Porcius Cato.


Der homo novus

Cato wurde im Jahr 234 v. Chr. in Tusculum bei Rom geboren. Er war der Sohn eines römischen Ritters und hat in späteren Jahren gern betont, daß er von tapferen, kriegserfahrenen Männern abstamme. In seiner Jugend habe er sparsam, genügsam und fleißig den harten Felsboden umgegraben und bepflanzt. Sein Nachbar, ein adeliger Patrizier, war beeindruckt von dem fleißigen, klugen Jüngling. Er empfahl Cato die politische Karriere in Rom.

Es geschah nicht oft, daß ein sogenannter "homo novus", ein "neuer Mann", der noch keine Vorfahren in hohen Staatsämtern vorweisen konnte, den gesellschaftlichen Aufstieg schaffte. Die in sich geschlossene adelige Senatorenschicht hieß neue Leute nicht willkommen. Man verfügte über ein ausgeprägtes Standesbewußtsein und dünkte sich allen anderen weit überlegen. Diese "Der Staat sind wir-Mentalität" gründete sich auf einen Kodex von Normen und Werten, die das Selbstverständnis der Führungsschicht festlegte.

Diese "Sitten der Väter" waren für Cato die Richtschnur seines Lebens.
Für die Führungselite sollten sie die Grundlage des politischen Handelns bilden. Dafür kämpfte Cato sein Leben lang. Sehr selbstbewußt rührte er die Werbetrommel für sich und seine Bemühungen.

Das berichtet der Biograph Plutarch, der die Lebensgeschichte Catos im 1. Jahrhundert nach Chr. aufgeschrieben hat. Er stand Catos hemmungloser Selbstbeweihräucherung kritisch gegenüber: "Ich will Cato nicht tadeln, weil er sich jederzeit lobte und als den ersten von allen hinstellte, obwohl er in einer Rede sagt, sich selbst zu loben wie sich selbst zu tadeln sei albern. Einen höheren Grad der Tugend aber als der sich oftmals selbst Lobende nimmt derjenige ein, der nicht einmal das Lob aus anderm Munde braucht. Denn Mangel an Ehrgeiz trägt nicht wenig zum Frieden im öffentlichen Leben bei, und umgekehrt ist der Ehrgeiz von Übel und ein Erzeuger heftigsten Neides. Cato war nur zu sehr von ihm besessen."

Cato und Scipio

Im Zweiten Punischen Krieg diente Cato als Miltärtribun unter dem großen Feldherrn Publius Cornelius Scipio. Sehr bald erkannte er, daß Scipio die altrömischen Werte nicht so streng auslegte wie er.

Publius Cornelius Scipio AfricanusScipio war von ganz anderer Art als Cato. Er entstammte der altadeligen Familie der Cornelier, war ein lupenreiner Aristokrat, weltläufig, gewandt, sehr gebildet und überaus großzügig. Dennoch:

"Cato trug keine Bedenken, gegen den großen Scipio als Gegner aufzutreten. Als er als Quaestor mit ihm zum Krieg in Africa ausgesandt wurde und beobachtete, wie der Mann mit der ihm gewohnten Großzügigkeit verfuhr und die Gelder ohne Sparsamkeit für die ihm unterstellten Truppen verwirtschaftete, machte er ihm ganz offen Vorhaltungen, wobei er betonte, nicht die zu großen Ausgaben seien die Hauptsache, sondern daß er die hergebrachte Einfachheit bei den Soldaten untergrabe, die so zur Genußsucht und Schwelgerei verleitet würden. Scipio sagte darauf, er brauche keinen pedantischen Quaestor, jetzt, da er mit vollen Segeln in den Krieg führe."

Cato eilte daraufhin nach Rom und "erhob im Senat ein großes Geschrei über Verschleuderung unermeßlicher Geldsummen durch Scipio und kindische Belustigungen in Ringschulen und Theatern, als ob er nicht Krieg zu führen, sondern Feste zu veranstalten habe."

Die Anklagen stellten sich Punkt für Punkt als wahr heraus. Zu Catos Verdruß hielten die Senatoren dennoch zu Scipio.

"Da aber Scipio in der Vorbereitung des Krieges den künftigen Sieg erkennen ließ und es sich zeigte, daß er zwar in Mußestunden mit seinen Freunden liebenswürdigen Verkehr pflegte, nirgends aber bei aller Gemächlichkeit der Lebensführung in ernsthaften und wichtigen Dingen lässig war, so durfte er ungehindert zum Kriege hinaussegeln."

Sieg bei den Thermopylen

Nach dem Ende des Zweiten Punischen Krieges stieg Cato die senatorische Karriereleiter Stufe um Stufe empor, bis er schließlich im Jahr 195 v. Chr. als Konsul oberster Staatsbeamter wurde. Er verbrachte seine Amtszeit zum größten Teil in Spanien, wo er gegen iberische Stämme kämpfte.
Auf miltitärischem Gebiet zeichnete sich Cato stets durch große Tapferkeit und Umsicht aus. Während des Feldzugs der Römer gegen den syrischen König Antiochos im Jahr 191 v. Chr. wurde Cato sogar als Kriegsheld berühmt. Die Syrer hatten den Paß bei den Thermopylen in Griechenland besetzt. Cato nahm nach einen nächtlichen Umgehungsmarsch die feindlichen Truppen in die Zange und wies seine Soldaten an: "Ich wünsche einen Feind lebendig in die Hand zu bekommen, um zu erfahren, welche Leute hier die Vorhut bilden, wie viele sie sind, und wie die Aufstellung der anderen ist und die Vorkehrungen, mit denen die uns empfangen wollen. Die Tat erfordert größte Geschwindigkeit und Kühnheit, so wie die Löwen sich mutig ohne Waffen auf die furchtsamen Tiere stürzen."

Die Aktion war ein Erfolg. Die Umsicht Catos trug entscheidend zum Sieg an den Thermopylen bei und dessen war er sich nur allzu bewußt.

"Von dieser Tat hat er am meisten hergemacht, und er sagt, wer ihn damals habe die Feinde verfolgen und auf sie einschlagen sehen, dem sei der Gedanke gekommen, Cato schulde dem Volke nicht soviel, wie das Volk Cato."

Die Censur

Der Höhepunkt von Catos politischer Laufbahn war seine Censur im Jahr 184 v. Chr. In der Erinnerung späterer Generationen war dieses Amt so untrennbar mit Cato verbunden, daß es wie ein Beiname mit seinem Namen genannt wurde. Cato Censorius, Cato der Censor, wurde zum Inbegriff des strengen Verfechters altrömischer Tugenden.

Über die Bedeutung des Censorenamts unterrichtet Plutarch in seiner Cato-Biographie: "Dieses Amt ist so etwas wie der Gipfelpunkt aller Ehren und gewissermaßen die Krönung einer politischen Laufbahn, da es neben vielen anderen Befugnissen die Prüfung der Sitten und der Lebensführung zur Aufgabe hat. Denn weder Ehe noch Kindererzeugung, noch die Art wie einer sein Leben führte und seinen Tisch hielt, glaubten die Römer ungeprüft und unbeaufsichtigt der Neigung eines jeden überlassen zu dürfen. ... Die Censoren hatten die Befugnis, jedem, der ein ungeordnetes und sittenloses Leben führte, das Ritterpferd zu nehmen und ihn aus dem Senat zu stoßen. Sie hatten auch die Aufsicht über die Schätzung der Vermögen und schieden in ihren Veranlagungslisten die Stände und die Altersklassen."

Catos Kandidatur verdroß weite Teile des Adels. Dieser Emporkömmling wollte ins ehrenvollste Staatsamt? Viele Senatoren fürchteten ihn geradezu, drohte er doch ungeniert, mit eisernem Besen den Senat von allen unwürdigen Elementen zu reinigen. Man stellte Cato sieben Mitbewerber entgegen, "welche die Menge mit rosigen Aussichten zu gewinnen suchten, in dem Glauben, sie wünsche milde und entgegenkommend regiert zu werden. Im Gegensatz dazu zeigte Cato keinerlei Nachgiebigkeit, sondern drohte den Bösen ganz offen von der Rednertribüne herunter, schrie, der Staat bedürfe einer gründlichen Säuberung, und forderte, das Volk solle, wenn es Verstand habe, nicht den gefälligsten, sondern den schärfsten Arzt wählen."

Cato wurde tatsächlich gewählt. Seine Censur gestaltete sich zu einem epochemachenden Ereignis. Der Geschichtsschreiber Livius hat sie mit dürren Worten beschrieben: "Berühmt war seine Censur und an Streitigkeiten reich."

Cato griff hart durch, wo immer er Mißstände sah. Jede Drohung aus dem Wahlkampf führte er aus. Nicht weniger als sechs Senatoren wurden von ihm aus dem Senat geworfen, weil ihnen Korruption nachgewiesen werden konnte. Aber auch geringere Vorwürfe genügten.

"Manilius, von dem man annahm, daß er Konsul werden würde, stieß Cato aus dem Senat, weil er seine Frau am Tage vor den Augen seiner Tochter geküßt hatte. Ihn selbst, sagte er, habe seine Frau niemals außer bei starkem Donner umarmt, und er habe im Scherz gesagt, er sei glücklich, wenn Jupiter donnere."

Gegen den Luxus

Besonders empfindlich reagierten die Senatoren, wenn ihnen jemand das Recht beschnitt, sich am Zustrom von Geld und Gut aus den eroberten Ländern zu bereichern. Die Amtsininhaber brauchten große Vermögen und Ländereien, da die Mitgliedschaft im Senat an ein Mindestvermögen gebunden war. Immerhin waren römische Staatsämter unbesoldete Ehrenämter. Die Kosten für die Amtsführung und ein Großteil der öffentlichen Ausgaben mußten von den jeweiligen Magistraten aus der eigener Tasche bezahlt werden. Und wenn man Vermögen besaß, wollte man es auch zeigen und in üppiger Lebensführung schwelgen.

"Die meisten aber kränkte er am schwersten durch sein scharfes Vorgehen gegen den Luxus. Ihn geradezu abzuschaffen war unmöglich, weil die meisten schon von ihm angesteckt und verseucht waren; aber er ging ihm auf einem Umweg zu Leibe. Er nötigte die Bürger, für Kleider, Gefährte, weiblichen Schmuck und Tafelgerät, soweit der Preis eines Stückes tausendfünfhundert Denare überstieg, den zehnfachen Wert in die Vermögenserklärung einzusetzen, so daß sie nach der höheren Einschätzung auch höhere Abgaben zu leisten hatten."

Diese Maßnahmen erzeugten viel böses Blut. Empört wies man darauf hin, daß Cato selbst sich nicht unbedingt an seine eigenen Vorgaben hielt. Schon als Feldherr hatte er es eher als Kavaliersdelikt angesehen, eroberte Provinzen auszubeuten.

"Und ich mache denen keinen Vorwurf, die sich bei solchen Gelegenheiten zu bereichern suchen, aber ich will lieber um den Preis der Tugend mit den Besten als um Geld mit den Reichsten und um Geldgier mit den Geldgierigsten wetteifern", sagte Cato selber.

Der Geschäftsmann

Immerhin hat er sich nach Beendigung der Feldzüge in Spanien intensiv um die hispanische Eisen- und Silberproduktion gekümmert und sein Vermögen dadurch vergrößert. Cato war zeitlebens sehr findig, wenn es darum ging, Geld zu machen.

Plutarch berichtet: "Als er sich ernstlicher auf den Gelderwerb zu legen begann, fand er, daß der Landbau mehr ein Zeitvertreib als eine ergiebige Geldquelle sei. Er legte darum seine Kapitalien in sicheren risikofreien Objekten an, kaufte Teiche, warme Quellen, freie Plätze für Walker, Pecherzeugungsanlagen, natürliche Weiden, woraus ihm reicher Gewinn zufloß. Auch die anrüchigste Form des Geldverleihens, die gegen erhöhten Zins, verschmähte er nicht."

Durch diesen Geschäftssinn wurde Cato reich, sein Mangel an Großzügigkeit verbot es ihm allerdings, sein Vermögen auch zu genießen. Plutarch hat Catos Geiz sehr kritisiert: "Wer viel zusammenbringt, und wenig gebraucht, ist nicht genügsam, sondern entweder, wenn er sich Dinge beschafft, die er gar nicht begehrt, ein Narr, oder, wenn er sie begehrt, aber sich aus Geiz den Genuß versagt, ein armer Teufel. Gern würde ich Cato selbst einmal fragen: wenn der Reichtum etwas ist, das zum Genießen da ist, was tust du groß damit bei großem Vermögen dich mit wenigem zu begnügen?"

Cato wetterte ohne Unterlaß gegen Genuß und Luxus, warnte vor Verweichlichung und eiferte gegen den Werteverfall. Dabei übersah er, daß sittliche und moralische Verhaltensweisen immer auch an konkrete gesellschaftliche und wirtschaftliche Verhältnisse gebunden waren.

"Cato kümmerte sich nicht im mindesten um seine Tadler, sondern ging immer schärfer vor, dämmte die Kanäle ab, welche das vorbeifließende öffentliche Wasser in private Häuser und Gärten ableiteten, ließ Gebäude, die auf öffentliche Straßen hinausgebaut waren, niederreißen, setzte die Löhne bei der Verdingung öffentlicher Arbeiten herab und trieb bei der Versteigerung der Zölle die Pachten stark in die Höhe. Aus dem allen sammelte sich viel Haß gegen ihn."


Nicht weniger als vierundvierzigmal zerrten ihn seine adligen Feinde vor Gericht, um ihn durch eine Verurteilung politisch zu vernichten. Aber genauso oft entging er der Verurteilung. Das verdankte er den Stimmen der Bauern, bei denen er großen Rückhalt besaß und nicht zuletzt seiner eigenen, glänzenden Rhetorik.

"Catos Ansehen war durch seine Beredsamkeit mächtig gestiegen, man nannte ihn den römischen Demosthenes. Die Kunst der Rede galt bereits allgemein bei der Jugend als ein hohes, heißbegehrtes Ziel."

Cato war ein großartiger Redner. Plutarch nennt seine Sprache "... zugleich anmutig und kraftvoll, einschmeichelnd und erschütternd, spöttisch und ernsthaft, sentenzenreich und kämpferisch."

Ceterum censeo ...

Von seinem Konsulat 195 v. Chr. bis zu seinem Tod 149 v. Chr. zieht sich die Kette seiner berühmten Staatsreden. Noch Cicero kannte hundert Jahre später 150 solche Reden, die sich durch Sachkenntnis, knappe, kurze Sätze, bissigen Witz und temperamentvolle Effekte auszeichneten. So ließ Cato während einer politischen Rede gegen Karthago wie zufällig drei riesige afrikanische Feigen aus den Falten seiner Toga fallen. Als diese allgemein bewundert wurden, sagte er beiläufig: "Das Land, das diese Feigen trägt, ist nur drei Tage Seefahrt von Rom entfernt!"

Was Karthago anbelangt, hat Cato seine Senatskollegen über Jahre hin einer steten Gehirnwäsche unterzogen. Er war davon überzeugt, daß Karthago, solange es existierte, eine Gefahr für die römische Sicherheit darstellte. Deshalb beendete er jeden Redebeitrag im Senat, gleichgültig, worum es dabei ging, mit den berühmten Worten: "Im Übrigen bin ich der Meinung, daß Karthago zerstört werden muß. Ceterum censeo, Carthaginem esse delendam!"

Die Früchte dieser Hetzkampagne hat Cato selbst nicht mehr miterlebt. Drei Jahre nach seinem Tod wurde die afrikanische Handelsmetropole von den Römern bis auf die Grundmauern zerstört.

Cato und die Frauen

Ganz besonders hatten die römischen Frauen unter Catos Beredsamkeit zu leiden. Niemanden hat Cato so vor den Kopf gestoßen wie sie. Schon 195 v. Chr. hatte er ihnen verbieten wollen, Schmuck in der Öffentlichkeit zu tragen. Streng mahnte er die Römer: "Die verwerflichste Scham ist die vor Sparsamkeit oder vor Armut. Das Gesetz gilt für die eine wie die andere, wenn ihr das nicht habt, was ihr nicht haben dürft. ...
Wollt ihr bei euren Gattinnen diesen Wettstreit anregen, daß die reicheren gerade das haben wollen, was keine andere haben kann? Und die ärmeren, um nicht eben deswegen verachtet zu werden, über ihr Vermögen hinausgehen? Wahrhaftig, fängt man erst an sich zu schämen, wo man nicht sollte, so wird man da, wo man sollte, sich nicht mehr schämen."

Ein Tribun verteidigte die Frauen: "Alle anderen Stände, alle Leute sollen den Übergang des Staates in eine glücklichere Lagen empfinden; nur auf unsere Frauen soll sich der Genuß des Friedens und der allgemeinen Ruhe nicht erstrecken? ...
Bei dem Purpur, der sich abträgt und verbraucht wird, sehe ich, wenngleich keinen gerechten, doch noch immer einigen Grund, warum du so zäh bist; allein bei dem Golde, an welchem nichts als Arbeitslohn verloren geht, wozu da dieser Geiz? Es ist vielmehr eine Rücklage, sowohl für den Familien-, als auch für den Staatsbedarf."

Es war Cato ohnehin ein Dorn im Auge, daß römische Frauen freier zu leben begannen und gelegentlich sogar Meinungen in der Öffentlichkeit äußerten. Er empfand das als krassen Gegensatz zu Sitte und Tradition:

"Wenn es jeder von uns bei seiner Frau sich zur Aufgabe gemacht hätte, des Mannes Recht und Würde zu behaupten, so würden uns jetzt die Frauen nicht so viel zu schaffen machen. So aber wird unsere, in unseren Häusern durch die weibliche Leidenschaftlichkeit besiegte Freiheit sogar hier auf dem Gerichtsplatz vernichtet und mit Füßen getreten. ...
Laßt nur diesen leidenschaftlichen Wesen, diesen unbezähmbaren Geschöpfen die Zügel schießen und lebt dann der Hoffnung, daß sie von selbst, ohne euer Zutun, ihrer Ausgelassenheit ein Ziel setzen werden. Von allem, was die Weiber als ihnen entweder durch Gebräuche oder duch Gesetze aufgelegte Bürden so ungern dulden, ist die das geringste. Wenn wir die Wahrheit sagen wollen, so sehnen sie sich nach Freiheit, ja nach Ungebundenheit in allem. Was gibt es noch, woran sie sich nicht wagen werden, wenn sie dies errungen haben?
Gehet alle, die Weiber betreffenden Rechtsbefugnisse durch, an welche unsere Vorfahren ihre Ungebundenheit festbinden und sie den Männern unterwerfen wollten, und bei allen diesen Bindungen könnt ihr sie doch kaum im Zaume halten. Und wie, wenn wir ihnen gestattet haben, daß sie erst an diesem und jenem zupfen, es den Männern entwinden und endlich diesen gleichgestellt sind, glaubt ihr, daß ihr euch dann noch ihrer werdet erwehren können? Den Augenblick, sowie sie anfangen, euch gleich zu sein, werden sie eure Herren sein. ..."

Die Veränderung in der Stellung der Frauen ist nur ein Symptom des allgemeinen Umbruchs jener Zeit. In der Epoche Catos wandelte sich die geistige Grundlage der Gesellschaft wie nie zuvor.

Cato, der Schriftsteller

Kulturelles Leben begann sich in Rom zu entwickeln. Angeregt durch den Kontakt mit den Griechen Süditaliens, arbeiteten in Rom die ersten Dichter und Geschichtsschreiber.

Mit einem Augenzwinkern berichtet Cato über das literarische Leben davor: "Die Dichtkunst stand nicht in Ehren. Wenn sich jemand um sie bemühte oder sich Gelagen hingab, nannte man ihn einen Nichtsnutz."

Aulus Metellus, ein RednerCato hat selbst viel geschrieben. So hat er die politische Rede als literarische Gattung begründet und somit dem Kanon der Literaturgattungen eine weitere hinzugefügt. Er verfaßte ein aufschlußreiches Werk über den Landbau "De agri cultura" und betonte damit die landwirtschaftliche Grundlage des römischen Gemeinwesens. Sein Hauptwerk aber waren die "Origines" eine Darstellung der römischen Geschichte erstmals in lateinischer Sprache. Cato wollte die Größe und Einzigartigkeit Roms aufzeigen. Er beschwor den "Geist des römischen Volkes": durch Gemeinschaftsgeist und gemeinschaftliche Anstrengung habe sich das römische Volk zu solcher Macht emporgeschwungen, nicht wie die Griechen durch die Taten einzelner.

"Cato pflegte zu sagen, aus dem Grunde sei die Verfassung unseres Staates den übrigen Staaten überlegen, weil in jenen meist einzelne Männer gewesen seien, von denen ein jeder sein Gemeinwesen durch seine Gesetze und seine Einrichtungen aufgebaut habe ... Unser Gemeinwesen dagegen sei nicht nur durch einen Mannes Geist, sondern vieler, nicht in einem Menschenleben, sondern in vielen Generationen und Zeitaltern aufgebaut worden."

Cato und die Griechen

Zweifellos beabsichtigte Cato, der vielbewunderten griechischen Literatur ein eigenes, römisches Schrifttum entgegenzusetzen. Er trat dafür ein, der griechischen Kultur selbstbewußt zu begegnen, statt sie unterwürfig anzuhimmeln, wie das viele seiner Zeitgenossen taten. Nur Hohn und Spott hatte er beispielsweise für die Römer übrig, die sich für ihr schlechtes Griechisch entschuldigten.

Im 2. Jahrhundert v. Chr. brachten die römischen Legionen Tausende griechischer Kriegsgefangener und Geiseln nach Rom. Mit griechischen Kunstschätzen beladene Galeeren segelten nach Italien und in aristokratischen Kreisen gehörte es zum guten Ton, sich griechisch gebildet zu geben. Der griechischen Kunst, der griechischen Literatur, Philosophie und Wissenschaft hatte Rom wenig eigenes entgegenzusetzen. Die alten italischen Verse klangen rauh und holprig neben den eleganten Dichtungen der Griechen. Die buntbemalten Terrakotten wirkten plump, sah man daneben die wohlproportionierten griechischen Marmorstatuen. Schmerzlich unterlegen fühlten sich die Römer den politisch besiegten Griechen.

Hundertfünfzig Jahre später sollte Horaz dichten: "Hellas, durch Waffen erobert, bezwang den linkischen Sieger."

Catos Haltung den Griechen gegenüber war zwiespältig. Natürlich beherrschte er die griechische Sprache wie jeder Gebildete seiner Zeit. Für seine Schriften griff er nachweislich viele griechische Impulse auf. Aber er fürchtete, daß die römische Jugend ihren eigenen Wurzeln entfremdet würde. Eines Tagen erregte eine Philosophengesandtschaft aus Athen mit öffentlichen Vorlesungen in Rom gehörig Aufsehen. Besonders die jungen Leute hörten mit Begeisterung die philosophischen Debatten. Cato ergriff die Initiative.

"Als gar der Ruhm der Philosophen in der Stadt immer höher stieg ..., beschloß er, die sämtlichen Philosophen mit Anstand aus der Stadt hinauszukomplimentieren. Er trat also im Senat auf und tadelte die Behörden, daß eine Gesandtschaft, bestehend aus Männern, die, wovon sie auch reden wollten, die Hörer mit Leichtigkeit zu überreden vermöchten, so lange unverrichteter Sache dasäße. Man solle schnellstens in der Angelegenheit befinden und einen Beschluß fassen, damit diese Männer in ihre Schulen zurückkehrten und mit den Griechenknaben debattierten, die römischen Jünglinge aber wie früher auf die Gesetze und die Vorgesetzen hörten."

Seinen eigenen Sohn warnte Cato besonders nachdrücklich vor unüberlegter Griechenbewunderung: "Ich werde Dir über diese Griechen an der rechten Stelle sagen, mein Sohn Markus, was ich in Athen erkundet habe und daß es gut ist, ihre Schriften anzusehen, aber nicht auswendig zu lernen. Ich werde erhärten, daß ihre Art nichtsnutzig und unbelehrbar ist. Und dies glaube, wenn einmal dies Volk uns seine Schriften gibt, wird es alles verderben; dann aber noch mehr, wenn es seine Ärzte hierherschickt. Sie haben unter sich geschworen, alle Barbaren durch ihre Medizin zu verderben."

Cato fand, die Griechen erhielten auch in politischer Hinsicht zu viel Aufmerksamkeit im römischen Senat. Angesprochen auf das Problem, ob die aus Hellas verbannten Griechen wieder heimkehren dürften, antwortete er: "Als ob wir nichts zu tun hätten, sitzen wir den ganzen Tag und streiten uns um ein paar griechische Wackelgreise, ob sie von unseren oder von den Leichenträgern in Achaia beerdigt werden sollen."

Cato, der Familienmensch

In seiner Familie verwirklichte Cato seine Ideale vollständig. Vor allem wollte er sie seinem Sohn weitergeben.

"Er war ein guter Vater, ein braver Ehemann und ein nicht zu verachtender Hauswirt.
Als ihm der Sohn geboren war, gab es kein so dringendes Geschäft - es sei denn ein öffentliches - , das ihn hindern konnte, dabei zu sein, wenn die Frau den Säugling badete und windelte. Denn sie nährte ihn mit der eigenen Milch und nahm oft auch die Kinder der Sklaven an die Brust, um ihnen durch die Milchbruderschaft Liebe zu ihrem Sohn einzuflößen. Sobald dieser zu begreifen begann, nahm er ihn selbst in die Lehre und brachte ihm Lesen und Schreiben bei. Er war selbst der Lehrer in der Gesetzeskunde und in den Leibesübungen, indem er seinen Sohn nicht nur im Speerwerfen, im Gebrauch der Nahkampfwaffen und im Reiten unterwies, sondern auch im Boxen, im Ertragen von Hitze und Kälte und im kräftigen Durchschwimmen der reißendsten Stellen des Flusses. Auch seine Geschichte habe er selbst mit eigener Hand und mit großen Buchstaben niedergeschrieben, damit der Knabe die Möglichkeit habe, sich im eigenen Hause zur Kenntnis der Taten und Sitten der Vorfahren heranzubilden."

Nach dem Tod seiner Frau und seines Sohnes ging Cato eine wenig standesgemäße zweite Ehe ein. Er heiratete eine Dienerin. Von dieser Verbindung stammt der jüngere Cato ab, der die Ideen und Ziele seines Urgroßvaters, allerdings ohne dessen Humor, hundert Jahre später gegen Caesar durchsetzen wollte.

In späteren Epochen der römischen Geschichte galt Cato der Ältere als der Inbegriff des knorrigen republikanischen Römers. Noch dreihundert Jahre später nahm ihn sich Kaiser Marc Aurel zum Vorbild.

Der Philosph Cicero hat die Klarheit und Geradlinigkeit Catos aus vollem Herzen bewundert. Immer habe für jedermann nachvollziehbar sein müssen, was Cato dachte und wie er lebte: "Denn jenes Wort Catos, das er am Anfang seiner Origines geschrieben hat, habe ich immer für großartig und ganz glänzend gehalten: bei berühmten und großen Männern müsse nicht weniger von ihrer Freizeit als von ihren Geschäften Rechenschaft gegeben werden können."

Das römische Volk, dem sich Cato immer verpflichtet gefühlt hatte, verehrte ihn sehr. Noch zu seinen Lebzeiten wurde ihm eine Statue errichtet. Auf ihrem Sockel drückte eine Inschrift den großen Respekt der Römer vor Catos Lebensleistung aus: "Weil er als Censor den wankenden und zum Schlimmen neigenden Staat der Römer durch kluge Führung und durch weise Gewöhnung und Anleitung wieder aufgerichtet hat."